An der Stelle, wo sich einst die Straßen von Buxtehude nach Stade und von der Geest ins Alte Land trafen, steht an einem kleinen Platz die Kirche „Unserer Lieben Frau" zu Horneburg. Unweit vom Tor zur Vorburg im Nordwesten und der Rittergüter 2 und 3 im Südosten war sie schon äußerlich in die Herrschaft der Burgmänner eingebettet; von Burg und den Gütern zeugen heute nur noch der Gutspark mit dem Schloß und der Burgmannshof. Bis in die Gegenwart ist diese Kirche eng mit den Burgmännern zu Horneburg verbunden. Wann hier die erste Kirche erbaut wurde, ist ungeklärt. Aus dem Jahre 1357 wissen wir, daß es zu den Aufgaben der Burgmänner gehörte, einen Pfarrer und einen Küster zu unterhalten; also muß es auch eine Kirche gegeben haben. 1389 wird Tydericus Schilling als Rektor des Altars in der Kapelle St. Marien bei der Burg Horneburg erwähnt. Die Kirche wird urkundlich noch 1396 und 1406 genannt. In der Kirche befanden sich neben einem Hauptaltar auch Nebenaltäre, von denen zwei mit Vikarien ausgestattet waren, nämlich einer zu Ehren der heiligen Katharina und einer zu Ehren des Pilgerpatrons Jacobus.
In diesen Altären spiegelt sich eine Glaubens- und Frömmigkeitsvorstellung des Mittelalters, die in wesentlichen Zügen im Katholizismus heute noch vorhanden ist; man sieht die Heiligen als Fürsprecher des Menschen bei Gott. Deshalb galt es, sie zu verehren, ihnen Altäre zu errichten. Für diese Altäre hat der Adel eigens Vikare bestellt, deren Aufgabe es war, regelmäßig Seelenmessen für die verstorbenen Angehöri-gen der Stifterfamilien zu lesen - zu deren Seelenheil. Daß diese Heiligenvorstellung auch nach der Reformation, in Horneburg 1542 vom Kirchherrn Hinrich W olkardus eingeführt, noch durchaus Bestand hatte, zeigt die Aufforderung Ludolfs von Zesterfleth 1577 an seine Ver-wandten, den von der Familie gestifteten Jakobusaltar in der neuerbauten Kirche wieder zu errichten; 1550 nämlich wurde die alte Kirche wegen Baufälligkeit abgerissen und an ihrer Stelle eine neue gebaut.
Dieser Neubau sollte nur 100 Jahre alt werden. Inzwischen war der 30-jährige Krieg ausgebrochen, der auch Horneburg arge Plagen brachte. 1625 fielen die Dänen in unser Gebiet ein. Die Soldateska muß fürchterlich gehaust haben; denn selbst der Roheiten gewohnte Graf Thun schilderte das Treiben als entsetzlich: Plündern, Sengen, Quälen der Menschen waren an der Tagesordnung. Zwei Jahre später vertrieben kaiserliche Truppen Tillys die Dänen und trieben ihrerseits mit der Bevölkerung ihr böses Spiel. Aber das Schlimmste sollte erst am 19. März 1632 kommen: Um Horneburg tobte ein harter Kampf zwischen den kaiserlichen und schwedischen Truppen. Am Ende dieser Schlacht, die die Schweden gewonnen hatten, lag Horneburg in Trümmern; alle Häuser und die Kirche waren niedergebrannt bis auf das Gut der Schulte; die Bevölkerung, soweit sie die vorherigen Besatzungen überlebt hatte, war nochmals dezimiert worden. Was blieb, waren Trümmer, Elend, Schrecken, unsägliche Armut und Not.
Broschüre "Unsere Liebe Frau zu Horneburg" von Reinhard Wais